Hab ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich Starterbeutel liebe? Erst kürzlich im Frühjahr geriet ich total in Verzückung, als ich 18 Beutel unserer Staffelteilnehmer beim Hamburg-Marathon
zusammenkippen und danach
sortieren durfte. Zum Heldenlauf gab es für mich logischerweise dieses mal nur einen Beutel. Unter uns, ich hatte den Eindruck, dass er doch
leicht feminin wirkt und die Leute in der S-Bahn denken mochten, dass ich meiner Frau eine Nettigkeit bei Douglas gekauft hätte. Aber seis drum, mich hat keiner angesprochen.
Bei einem Starterbeutel denke ich übrigens nicht allein an den Inhalt, sondern stelle mir gerne vor, wie fleissige Hände die vielen Beutel im Akkordtempo zusammenstellen. Aber kommen wir nun zum inhaltlichen: neben obligatorischen Papieren (Werbung, Gutschein oder Kartenmaterial für sporthungrige Athleten) und Knabberkram, sowie dem sebamed-Pröbchen waren die absoluten Highlights dieses Jahr zwei Plastikflaschen, die eine gefüllt mit Honigsenf und die andere mit Geschirrspülmittel. Und als Goodie obendrauf gabs noch zwei Spülmaschinentabs extra. Ja, die niedrigpreisigen Inhalte sind in der Regel unspektakulär, aber ich freue mich jedes mal darüber. Ich gebs zu, so einen Startbeutel auspacken ist ein bisschen wie Weihnachten light.
Für mich war es nach
2012 (Halbmarathon) und
2013 (Bergziege hoch 2) das dritte mal an dieser Stelle und ja, ich gebs zu, mal wieder eine Kommerzveranstaltung mit 34 Euro Startgeld plus 4 Euro Servicegebühr beim Startnummernabholen. Und nächstes Jahr wird es gleich noch mal 1,50 Euro teurer. Egal jetzt, ich hatte Bock auf den Lauf und er passte prima in meine Wettkampfplanung rein. Zum einen konnte ich testen, wie sich das Bergtraining
am Bodensee und am Waseberg ausgewirkt hat, zum anderen war es für mich eine Zwischenstation für den im Oktober stattfindenden
Teutolauf.
Apropos nächstes Jahr. Beim Start hieß es Zeit zum Abschiednehmen. Die Halbmarathonstrecke soll 2015 entschärft werden, angeblich die Polterbergtreppen und die Falkenschlucht sollen entfallen, um stattdessen eine flachere Strecke mit mehr Blick auf die Elbe präsentieren zu können. Ich lass mich mal überraschen. Hoffentlich bleibt aber der Bergziegenlauf erhalten, um wenigstens einen Lauf mit ein paar Höhenmetern zu behalten. Ein bisschen traurig war ich schon über die Meldung, aber das war bereits verflogen, als ich die ersten Steigungen der Strecke in Angriff nahm, bzw. wechselte die Traurigkeit in Erleichterung.
Als Vorgabe hatte ich mir überlegt, die Zeit von vor zwei Jahren (1:47:35) verbessern zu wollen. Das wäre ein Schnitt von unter 5:07 Min./km. Die Marschroute war, auf den ersten 13 Kilometern das Profil dahingehend auszunutzen, um ein Polster herauszulaufen, was ich dann an den bevorstehenden Steigungen abschmelzen konnte. Zum Start brauche ich nichts zu sagen, hab ich ja schon 2013 ;-), aber ich finde ihn immer noch phänomenal mit dem Countdown und der Musik. Die ersten zweieinhalb Kilometer verliefen flach und ich konnte reichlich Sekunden gut machen. Kilometer 5 wurde in 22:43 Min. passiert und der Zeitpuffer war bereits mit knapp 3 Minuten gefüllt. Die ersten Steigungen waren noch harmlos und ließen sich einigermaßen gut bewältigen. Ein bisschen nahm ich immer das Tempo raus, um Kräfte zu sparen und ließ danach wieder locker laufen.
Schlecht fand ich, dass wir an verschiedenen Stellen von hinten auf die langsameren 11er aufliefen und diese gerne nebeneinander laufend oft den Weg versperrten. Zum Glück kam es zu keiner Kollision, aber das sollte der Veranstalter bei seinen Planungen für die neue Strecke berücksichtigen. Bei Kilometer 10 war mein Puffer auf über 4 Minuten angewachsen, die Zwischenzeit betrug hier knapp unter 47 Minuten. Jetzt noch ein bisschen bergab und flach an der Elbe lang, danach warteten die Polterberg-Treppen auf uns. Puffer bei Kilometer 13: viereinhalb Minuten.
Die
Polterberg-Treppen kenne ich mittlerweile in- und auswendig. Angst machen Sie mir daher auch nicht, aber Respekt habe ich trotzdem vor ihnen, insbesondere wegen der schon leicht angemüdeten Beine. Ich versuchte die Taktik, neben den Treppenstufen die ausgetretenen Rampen stattdessen zu laufen, was ganz leidlich klappte. Solange man keine Leute um sich rum hat.
Die waren aber ab der Hälfte da und ich musste mich damit arrangieren. Man hörte schon seit einiger Zeit lautes Trommeln und wie aus dem Nebel tauchte vor mir eine Trommelergruppe an der Spitze der Treppen auf, die mächtig Radau machten. Mir war es zu laut und ich war froh, schnell abbiegen und die erste große Rampe hinter mir gelassen zu haben. Die nächste Kilometermarkierung erwartete ich mit Spannung, wie viel Zeit ich denn liegengelassen hatte. Huch, nix, im Gegenteil. Ich soll den Kilometer in 4:06 gelaufen sein und habe mir dadurch einen Bonus von einer Minute verdient. Das konnte so nicht richtig sein. Der Kilometerpunkt war, wie ein weiterer bei Kilometer 16 nicht korrekt platziert.
Aber dadurch ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Ich packte die Bonuszeit in den Puffer, wohlwissend, dass die Kilometer sich in der Regel ausgleichen, sprich nach einem zu kurzen folgt in der Regel irgendwann ein viel längerer. Bei Kilometer 15, den ich in 1:12:20 passierte, ging es dann zum zweiten mal zur Sache, die Falkenschlucht wartete auf uns.
Die ersten Treppen gingen ganz gut, danach wusste ich, dass eine steile Treppe kam, die ich 2012 ganz besonders verflucht hatte. Dieses mal war sie gar nicht so schlimm, ich konnte sie, im Gegensatz zu 2012 sogar laufen. Dabei half mir, dass ich mit der linken Hand immer wieder das Geländer nutze, um mich weiter hochzuziehen. Als dann endlich die Spitze erreicht war und sich alle Kilometerstücke ausgelichen hatten, war der Puffer auf knappe 3 Minuten runter.
Eine Steigung bei Kilometer 18 wartete noch auf uns, die meinen Zeitpuffer auf 2:12 Minuten reduzierte. Aber davon ließ ich mich nicht beirren. Ich wusste, dass das Profil danach eher flach bzw. abschüssig werden sollte. Daher ließ ich es rollen, so gut es die lädierten Beine zuließen. Bei Kilometer 20 sah ich eine 1:40 auf dem Display und war mir sicher, nicht nur eine neue Bestzeit auf dieser Strecke zu schaffen, sondern auch noch den Schnitt (ganz ganz knapp) unter 5 Min./km zu drücken.
Der Zieleinlauf war, wie ich ihn erwartet hatte. Laute Musik und fast jeder Läufer wurde im Ziel namentlich begrüßt. Auch das Wetter war super, am Anfang etwas bedeckt, aber dann kam die Sonne raus, was aber bei 17°C ganz gut auszuhalten war. Zufrieden torkelte ich zum Wittenseer Getränkestand und ließ den Lauf noch einmal Paroli laufen, der in dieser Form wohl nicht mehr stattfinden wird. Jetzt war die Traurigkeit auf einmal doch wieder da...
StreckenkarteDaten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0Höhenprofil