Ich gebe es offen zu: ich habe mich der Ansage von Rainer Rottmann widersetzt. Vielleicht auch um zu zeigen, dass es auch anders geht. Und zwar hat Rainer in seiner Rolle als Sprachrohr des Klippenlauf-Orgateams in seinem
Newsletter Anfang Dezember geschrieben, doch mal langsam die Duschen kälter zu stellen. Der Lauf sei schließlich nichts für Warmduscher. Wenigstens habe ich den zweiten Teil seiner
Ansage beherzigt und das Training Mitte Dezember intensiviert.
Denn nach dem Studium des Höhenprofils wurde mir recht schnell klar, dass man den Lauf deutlich besser überstehen würde, wenn man im Training die nötigen Höhenmeter in die Beine pumpt. In meinem
2016er Jahresfazit
hatte ich geschrieben "
Vielleicht habe ich ja irgendwann wieder Lust, mich mehr zu quälen. Schaun mer mal..." und hatte dabei schon ein bisschen die anstehenden Wochen im Hinterkopf. Das hierfür notwendige
Terrain war auch schnell gefunden, da es in Hamburg eh wenig Möglichkeiten gibt, so etwas sinnvoll zu trainieren.
Etwa jedes zweite Wochenende machte ich mich also auf nach Blankenese, um mich am Wasberg und den angrenzenden Steigungen an das zu gewöhnen, was mir Ende März bevorstehen würde. Wer diese Strecke mal selbst
ablaufen möchte, finden
hier den Track, Start und Ziel sind an der Bushaltestelle Elbhöhenweg. Immer besser klappte
die Gewöhnung, bis ich zum Schluss in der Lage war auf knapp 13 Kilometern Länge die 520 Höhenmeter laufen zu können. Dabei war ich schon überrascht, wie gut mir die Simulation der Anstiege gelungen war (siehe Vergleich rechts).
Als es dann endlich so weit war, erwartete uns ein Bilderbuchsamstag mit strahlendem Sonnenschein, leichtem Wind und einer angekündigten Temperatur von 14°C. Ich war richtig froh, endlich mal die langen Klamotten
zuhause lassen zu können. Anders als Joachim, mit dem ich vor Ort verabredet war. Er steckte mir, dass er auch gerne um den Gefrierpunkt Haut zeigt. An den Beinen kann ich das ja ansatzweise noch nachvollziehen, aber
obenrum? Egal, jeder wie er meint.
Mit Joachim ist das eine interesssante Kiste. Ich kenne ihn schon ziemlich lange. Damals war er schwerpunktmäßig begeisterter Fußballspieler in einem Dorf östlich von Soest. Aber er tauchte immer mal wieder in unserer Leichtathletik-AG auf, um
uns bei Wettkämpfen zu unterstützen (hier ein
Archivfoto der Westfalenpost aus dem Jahr 1986 mit dem
dazugehörenden Bericht). Daher freue ich mich
wirklich sehr, dass er vor etwa 10 Jahren die Kurve gekriegt und sich nun schwerpunktmäßig dem Laufen verschrieben hat. Zwischenzeitlich hatten wir uns aus den Augen verloren, aber da wir um zwei Ecken Kollegen
sind, fiel die erneute Kontaktaufnahme nicht schwer und das Treffen war schnell fixiert.
Kurz vor und während des Einlaufens konnten wir uns wunderbar austauschen. Joachim gab mir noch ein paar Tipps zum Lauf, den er schon 3x absolviert hatte. Danach trennten wir uns und ich war im Startgewühl
auf mich allein gestellt. Mit Joachim laufen zu wollen wäre in meiner aktuellen Konstitution einem Kamikaze-Kommando gleichgekommen, worauf ich lieber verzichten und die anstehenden Klippen in meinem
Tempo genießen wollte. Apropos anstehende Klippen. Auf der Homepage des Klippenlaufes wurden
diese wunderbar beschrieben, besser als ich es hätte tun können.
Daher habe ich den Text von dort einmal übernommen und
kursiv markiert, um ihn von meinem Bericht abzuheben.
Die ersten etwa 1,5 Kilometer waren ganz nett zum Einlaufen. Etwas anspruchsvoll am Anfang wegen des schiefen Kopfsteinpflasters und besser, als es danach auf Asphalt wechselte. Es dauerte aber nicht wirklich lange,
da stemmte sich schon die erste Rampe in den Weg. Gut fand ich, dass jede der neun Steigungen durch ein Plakat angekündigt wurde, auf dem der Name der Rampe, der aktuelle Kilometer, die Länge und der maximale Anstieg der Steigung, sowie
die zu bewältigenden Höhenmeter standen. Vielleicht war auch noch mehr drauf, aber die Zeit und mein Auffassungsvermögen waren zu begrenzt.
1. Die Nordhang-Klippe (14%, 600m, 60 HM)
Nach etwa 2 km ist der Fuß des Teutoburger Waldes erreicht und die Strecke führt am Nordhang in den Berg. Die Steigung hat eine Länge von 600 m und eine maximale Steigung von 14 %. Der Weg ist breit und in Wellen erreicht man am Ende den höchsten Punkt des gesamten Streckenverlaufs. Aber sogleich geht es wieder abwärts...
Ok, das erste Mal hoch war zum Eingewöhnen. Es fühlte sich ähnlich an wie am Waseberg und war gut laufenderweise zu meistern. Ich überlegte, ob ich es wohl schaffen könnte, alle Anstiege ohne zu gehen hochzukommen.
2. Die Brumley-Klippe (24%, 675m, 45 HM)
Bei km 3,7 beginnt die Brumley-Klippe. Sie beginnt sehr sanft. Da man das Ende der Klippe noch nicht sehen kann, ahnt man noch nicht, was noch kommt. Der Waldweg wird immer steiler, aber erst auf den letzten ca. 50 m steht die Klippe wie eine Wand vor den Läufern. Es darf stolz sein, wer die hier 24 % Steigung hoch laufen kann. Auf 45 m höher gelangt man auf die Fünferkreuzung und die Strecke teilt sich. Die Kurzstreckler biegen nach links in den Single Trail der Brumley-Schleife, für die Langstreckler geht es geradeaus und sogleich wieder steil bergab...
Hui, das war schon ganz schön knackig. Der eine oder andere um mich rum verfiel bereits hier in den Gehschritt, aber mir machten selbst die 24% am Ende noch nichts aus. Ich wusste, dass hinter Kilometer 5 ein Getränkestand wartete, daher fischte
ich mir hier schon ein Gel aus meiner Tasche, während ich versuchte, Wurzeln und anderen Unebenheiten mehr oder weniger geschickt auszuweichen.
3. Die Postweg-Klippe (25%, 350m, 40 HM)
Gerade erst ist man von der Fünferkreuzung bergab gelaufen, beginnt bei km 5,3 bereits die Postweg-Klippe. Hier gibt es kein langes Vorspiel. Die nur 350 m lange Klippe hat es von Anfang an in sich und hat den mit 25 % steilsten Streckenabschnitt. Auch die Bodenverhältnisse sind hier schwierig, der Weg ist sehr steinig und ausgewaschen. Als Belohnung wartet nach Überqueren des Postweges eine Getränkestation.
Ja, auch diese Rampe hatte es in sich. Nicht so viele Höhenmeter, dafür komprimiert auf eine kurze Strecke. Ging aber bei mir immer noch ohne gehen, obwohl ich schon ein leichtes Brennen in den Oberschenkeln spürte. Und endlich konnte ich mein Gel verkonsumieren. Das erste Drittel war geschafft.
4. Die Teutohang-Klippe (17%, 450m, 50 HM)
Bei km 7 wird die Teutohang-Klippe erreicht. Die Strecke hatte sich über einen schmalen abschüssigen Hohlweg, dem sog. „Büffelstieg“, von Norden dem Postweg am Südhang des Teutos genähert. An der Einmündung Teutohang geht es aber gleich wieder hinauf. Über eine Länge von 450 m und einer Steigung von bis zu 17 % wird die Schutzhütte am Hermannsweg erreicht, die auf 50 m Höhe liegt. Der Weg ist hier recht breit und der Boden glatt und fest.
Diese Steigung fand ich persönlich recht moderat mit ihren maximal 17%. Ich hatte Schwierigkeiten, das Ende zu erkennen, da doch einige längere horizontale Passagen dazwischen waren. Oben angekommen ging es recht steil runter bis
zur 10 Kilometermarke und dem nächsten Getränkestand. Da ich mich noch recht voll fühlte, gönnte ich mir hier einen Becher ausgesprochen leckeren Tee und Wasser.
5. Die Steinbruch-Klippe (8%, 1600m, 65 HM)
Die Steinbruch-Klippe beginnt bei km 10,5 nach Erreichen des westlichsten Punktes des Streckenverlaufs. Frisch gestärkt am Getränkestand beginnt die flachste Klippe zunächst auf Asphalt, später auf Schotter. Die Steigung nimmt langsam zu, erreicht aber nur 8 %. Dafür ist sie mit 1.600 m recht lang und zermürbend.
Zermürbend fand ich diese Klippe überhaupt nicht. Ich wäre fast geneigt gewesen, diese gar nicht als Klippe zu bezeichnen, weil es so leicht bergan ging. Aber zum Ende rechtfertigte sich der Anstieg und überzeugte mich.
6. Die Fischteich-Klippe (15%, 700m, 45 HM)
Nachdem man die Fischteiche im nördlichen Teil des Teutos hinter sich gelassen hat, beginnt auf ausgewaschenem und wurzeligem Untergrund die Fischteich-Klippe. Der Weg ist teilweise schmal, überholen ist nicht immer problemlos möglich. Auf einer Länge von 700 m sind Abschnitte mit bis zu 15 % Steigung zu bewältigen, um bei km 14,4 wieder auf den Hermannsweg zu gelangen. Jetzt, nach 6 Klippen, beginnt der Klippenlauf erst richtig.
Mir war wichtig, auch das zweite Drittel ohne Gehpausen (außer am Getränkestand) zu bewältigen. Die 15% waren gut zu laufen, halt wie der Waseberg, der ähnlich steil ist. Kam mir bekannt vor.
7. Die Kaiserei-Klippe (22%, 850m, 45 HM)
Nach einer kurzen Erholungszeit mit Getränkestation und der steilen Gefällstrecke der Postweg-Klippe gelangt man zur Kaiserei, wo der Boden sehr sandig ist. Bei km 15,9 wird der Boden langsam wieder fester und es beginnt die Kaiserei-Klippe, die sich über 850 m hinzieht und zum Schluss nach einer Steigung von 22 % wieder auf der Fünferkreuzung mündet. Mutig, wer hier noch läuft.
Nach einem weiteren Gel wollte ich unbedingt zu den Mutigen gehören. Das war aufgrund der 22% echt anspruchsvoll, aber auch diese Rampe schaffte ich noch im Laufschritt.
8. Die Hassberg-Klippe (20%, 400m, 50 HM)
Die Hassberg-Klippe ist die „Königsklippe“ und die Krönung der Brumley-Schleife. Sie trägt ihren Namen nicht ohne Grund. Am Südhang des Teutoburger Waldes, nach 18,2 (5,9) km Quälerei, steht diese Klippe wie eine Wand vor den Läufern. Der Weg ist recht schmal und ausgewaschen. Hier wird es bei 20 % Steigung richtig fies. Nach 400 m ist die Fünferkreuzung erneut erreicht, und es geht direkt wieder steil bergab...
Gut, Hassgefühle kamen bei mir nicht hoch. Vielleicht ein bisschen Selbstmitleid. Aber es hielt sich in Grenzen. Auf jeden Fall zog mir diese Klippe an der steilsten Stelle den Zahn und ich durfte die erste echte Gehpause des Tages einlegen. Das war dann doch too much für mich.
Was m.E. noch anstrengender als die Steigungen war, war mit müder werdender Muskulatur, die teilweise echt steilen und holperigen Gefällstücke runterzurennen. Da hab ich vermutlich viel Zeit gelassen, weil ich Sorge um meine Gesundheit hatte.
9. Die Wurzel-Klippe (18%, 950m, 65 HM)
Hat man erneut den Fuß des Südhangs erreicht, wartet bei km 19,6 (7,2) die letzte Klippe. Die Wurzel-Klippe ist nicht zu unterschätzen. Die Bodenverhältnisse sind extrem schwierig, man läuft praktisch nur auf ausgewaschenen Baumwurzeln. Auch die Steigung auf diesem letzten Stück hat es mit 18 % noch einmal in sich. Schlimmer aber ist, dass man noch nicht oben ist, wenn man meint, man ist oben. Über einen weichen, schmalen Single Trail erreicht man die Schutzhütte am Hermannsweg, verlässt ihn dann aber Richtung Norden, um das letzte steile Teilstück zu erklimmen. Man erreicht noch einmal den höchsten Punkt der Strecke, um dann den Teuto nach Norden hin wieder zu verlassen.
Wohlwissend, dass es sich um die letzte Klippe handelt, konnte ich meine letzten Kräfte mobilisieren. Nur ein kleines bisschen ging ich bei 18 Prozent spazieren, alles andere klappte ohne Probleme. Und dann ging es mit müden Muskeln
auch schon wieder holperig nach unten. Gut, dass man jetzt rollen lassen konnte. Aber nein, etwa bei Kilometer 22 kam noch ein kleiner Huppel, der einem fies die Zunge rausstreckte. Müde lächelnd rollte ich drüber
hinweg. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte der Lauf da schon zu Ende sein können. Das Tagwerk war ja vollbracht. Aber nein, knappe drei leicht abfallende Kilometer lagen noch vor mir.
Steherrennen auf dem letzten Kilometer. Um mich rum waren fast alle k.o. Einer bäumte sich etwas auf, als ich ihn überholte, aber eine leichte Tempoverschärfung verschaffte mir den notwendigen Vorsprung, so dass ich
unbehelligt ins Ziel auf dem Schulhof trudeln konnte. Joachim wartete schon knapp 20 Minuten auf mich. So wirklich fit war ich noch nicht für Konversation, aber nach ein paar Schlucken Tee und Wasser ging es wieder.
Alles in allem muss ich sagen, dass das eine richtig tolle und gelungene Veranstaltung war. Unterstützt natürlich von dem genialen Wetter, muss man ja auch sagen. Dank der Vorbereitung am Waseberg waren die
Klippen gut zu meistern und in weiten Teilen sogar auch zu genießen. Jetzt fehlt mir nach dem Klippen- und dem
Teutolauf eigentlich nur noch der Hermann. Mal schauen, wann der dran ist. Vielleicht 2018?
Zur Bildergalerie geht es hier lang...Streckenkarte [Anklicken für Details]Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0Höhenprofil