Erlebnisbericht: Incognito
bei
der
Premiere
Eigentlich hatte ich ja vor, bei diesem erstmalig
ausgetragenen Wettkampf die Langdistanz zu bestreiten, falls mein Start
beim Ostseeman in die Hose gehen würde. Da nun meine komplette
Saisonplanung (s. oben) über den Haufen geworfen war, die Pension
und der Urlaub aber bereits gebucht waren, wollte ich mir den Wettkampf
ganz genüßlich in aller Ruhe ansehen und ein paar Fotos
schießen.
Aber erstens kommt es anders, ... Ihr kennt das ja ...
Am Abend vorher hatten wir uns noch mit unserem Kumpel
Andreas verabredet, der aus Singen kommend im Nachbarörtchen
Goldach untergebracht war. Und wie wir so beim Schlendern am
Wettkampfbüro vorbeikommen, meint er, er hätte sich ja
für die Kurzdistanz (so nennen die Schweizer die Sprintstrecke)
angemeldet und könnte wegen konditionellem Mangel nicht
teilnehmen. So habe ich mich halt kurzentschlossen
"bereiterklärt", unter
seinem Namen startend wenigstens den "Kurzen" mitzumachen. Den Neo
fürs Schwimmen hatte ich glücklicherweise dabei, auf das
Radfahren war ich allerdings weniger vorbereitet, so dass ich mit
meinem Trekkingrad statt der gewohnt windschnittigen Rennmaschine
antreten musste.
Um 6:30 Uhr ging es zuerst Richtung Strandbad, um die knapp
200 Starter der Ironman-Distanz zu beobachten. Der Bodensee war
glücklicherweise vom restlichen Treibholz der vor zwei Wochen
stattgefundenen Unwetterkatastrophe befreit worden. Trotzdem
beobachtete ich mit leichtem Unbehagen den nicht unerheblichen
Wellengang. Gut, dass ich keine 3,8 Kilometer schwimmen muss. Da
hätt' ich mit Sicherheit mein Brötle wieder abgeben
müssen ;-)
Als die Langdistanzler dann pünktlich um 7 Uhr auf die
Strecke geschickt wurden, verfolgten wir sie mit unseren Rädern
den See entlang bis zum Wendepunkt. Dahingehend war der Wettkampf
wirklich optimal. Man konnte mit den Rädern zu fast allen Punkten
(bis auf die Radstrecke) fahren und bekam immer noch einen guten Platz
zum Zuschauen.
Nachdem ich mir in der Zwischenzeit einen kleinen Snack
verabreicht hatte, ging es für mich zum Check-In in die
Wechselzone. Dort schnell das Rad abgestellt, die Wechselsachen
bereitgelegt, in den Neo gezwängt und dann barfuss bis zum 500
Meter entfernten Strandbad gewatschelt, wo Andreas und Michaela bereits
gemütlich bei einem Kaffee saßen und über mich
lästerten. Ihre hässlichen Sprüche ignorierend machte
ich mich auf die Suche nach dem Schwimm-Check-In, wo ich mich
registrieren ließ, um mich dann zum Einschwimmen in den See
gleiten zu lassen.
Die offiziell gemessenen 19,6°C fühlten sich
angenehm warm an und das Seewasser schmeckte noch genauso, wie bei meiner ersten Langdistanz vor 15 Jahren.
Jetzt musste ich nur noch die Wartezeit bis zum Start um 10 Uhr
totschlagen. Meine zwei Begleiter hatten sich mittlerweile einen guten
Überblick verschafft, in dem sie die Wasserrutsche bestiegen
hatten.
So langsam wurde es ernst. Gut 150 Triathlet/innen
versammelten sich am Einstieg in den See und fixierten die erste gelbe
Boje, um die es herumzuschwimmen galt. Um 10 Uhr knallte der
Startschuss und die Meute warf sich in die Fluten. Als Rechtsathmer
hatte ich mich wie gewohnt links eingeordnet, um das Feld besser
beobachten zu können. Glücklicherweise ging bis zur ersten
Boje alles glatt, so dass ich sie ohne größere Prügel
umrunden konnte. Nun ging es zur zweiten gelben Boje, die ebenfalls
rechts umschwommen werden sollte. Aber irgendwie hatte es wohl die
Hälfte
der Teilnehmer nicht bis dorthin geschafft, sondern sind bereits vorher
abgebogen, so dass ich mich ebenfalls entschloss, in meiner Gruppe
weiterzuschwimmen und die zweite Boje zu ignorieren.
Trotzdem war der Wellengang, der uns seitlich von rechts hin
und herwogte, alles andere als angenehm. Da fiel die Orientierung schon
recht schwer, so dass ich mich lediglich an den Mitschwimmern
orientierte, ohne nach vorne zu sehen. Da ich nicht auf der
Wettkampfbesprechung war, wusste ich nicht genau, wo der Ausstieg war.
Aber als wir auf eine große Boje zuschwommen, wo alle links
abbogen, war mir klar, dass ich es bald geschafft hatte. "Wenn nicht
der Blödmann hinter mir andauernd auf meine Unterschenkel patschen
würde, würde es ja vielleicht Spass machen... Noch einmal und
es hagelt eine Salve Delphin-Kicks... Ich glaube, das hat er
gehört."
Nach selbstgestoppten 12:11 Minuten kletterte ich an Land,
riss mir die Badekappe vom Kopf, die der Identifikation und Zeitnahme
galt und gab sie einer freundlichen Helferin. Warum tut sich ein
Veranstalter so etwas an. Bei den Langdistanzlern herrschte deswegen
zeitweise Chaos. Aber eine Zeitmatte und Championchips wären bei
dem kleinen Starterfeld wahrscheinlich zu teuer gewesen. Daher bekamen
alle eine Startnummer mit integriertem RFID-Chip, die allerdings erst
beim ersten Wechsel getragen werden durfte.
Der erste Wechsel klappte ganz gut in 2:34 Minuten. Leider
riss das Band meines Neos aufgrund von Korrosion, so dass ich
zunächst Schwierigkeiten hatte, ihn aufzubekommen. Aber mit
einigem akrobatischem Geschick klappte es. Es ist an der Zeit, die 15
Jahre alte Pelle auf's Altenteil zu schicken. Anschließend ging
es mit meinem ähnlich alten, mordsschweren Trekkingbike auf den
Radparcours. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mit meinen Laufschuhen
auf den rutschigen Pedalen Halt zu finden. Besonders bei
Bergaufpassagen wurde es immer wieder kritisch. Aber es machte auch
Spass, mit so einem Vehikel gegen (vermeindliche) Experten anzutreten
und sie ggf. vorzuführen.
Die Radstrecke war für meine Verhältnisse verdammt
bergig. Sie führte über einen Bergrücken
(Rorschacherberg) und hatte insgesamt 180 Höhenmeter, verteilt auf
15 Kilometer. Im Vergleich zu den 1500 Höhenmetern der 180
Kilometer-Langdistanz ein Fliegenschiss. Und mittendrin passierte dann
das Malheur. Ein Streckenposten schickte einen Teil des Feldes falsch,
so dass bei mir nur 15 statt der erwarteten 20 Kilometer auf dem Tacho
standen. Mir war's recht, dann brauchte ich mich auf meiner alten Gurke
nicht so lange zu quälen. Schade war es für meine Begleiter.
Sie versuchten, den Wendepunkt der Radstrecke zu erreichen, wurden aber
von vielen schlecht informierten Streckenposten falsch geleitet, so
dass sie schließlich am Wendepunkt der Langstrecke ankamen und
dort natürlich niemanden vorfanden.
In der Wechselzone ging es aufgrund der bereits angezogenen
Laufschuhe mit 58 Sekunden flott durch zum anschließenden 5
Kilometer-Lauf. Das Profil ist megaflach, gerade mal 5 Höhenmeter
habe ich protokolliert. Dafür ist der Untergrund etwas
anspruchsvoller, denn neben den gewohnten Asphaltstrecken sind immer
wieder Schotterpassagen, Grasboden und sogar Kopfsteinpflaster dabei.
Mittlerweile war die Sonne rausgekommen und es wurde unangenehm
heiß. Trotzdem klappte das Laufen noch am besten, so dass am Ende
eine 21:40 stehen blieb.
Selbstgestoppt habe ich eine Zeit von 1:06:36 Stunden, aber
in der Ergebnisliste wurde auf Wunsch des Veranstalters auf die Zeiten
der Radstrecke verzichtet (welch ein Glück :-), so dass bei mir,
bzw. Andreas eine 37:15 Min. gelistet wurde. Hierzu gab es auf der Homepage des
Bodenseetriathlons folgenden Kommentar:
Panne bei Kurzdistanz-Premiere
9/5/2005
6:15:00
PM
Versehentlich hat ein Ordner die
Spitzengruppe im KD-Sprint auf die LD-Distanz geschickt. Nach kurzer
Zeit wurde das Missgeschick korrigiert und das Gros des Feldes auf
einer (verkürzten) Route zum Ziel geführt. Dies hat aber eine
ordentliche Wertung des Rad-Teils verunmöglicht. Die Jury
(Veranstalter, Oberschiedsrichter und Athletenstarter) hat deshalb
beschlossen, lediglich Schwimm- und Laufzeiten zu werten. Dank eines
Sondereinsatzes von Bibchip liegt diese Rangliste nun vor. Alle
Disziplinen-Zeiten sind ausgewiesen, von der total Wettkampfzeit wird
aber die Radzeit (im pdf kursiv) subtrahiert, was zur
Brutto/Sonderwertung und zur Rangierung führt. Wir entschuldigen
uns für diese Premieren-Panne und sind überzeugt, eine
sportlich faire Lösung gefunden zu haben.
|