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29.08.2015  |  8. Tuerlerseelauf  |  Affoltern am Albis (CH)

Grillsaison bei den li-Sagern
[von Bernd Hegemann]

Ich mag die Schweiz. Ganz besonders die wünderschöne Bergwelt dort. Und ich mag die Schweizer mit ihrer Entspanntheit und Gemütlichkeit. Als ich dieses Jahr dort in Urlaub war, fiel mir die besondere Eigenart auf, an diverse Substantive ein "li" zu hängen, z.B. Bächli, Hüsli oder Bergli. Ich fand das total knuffig. Bei uns in Deutschland wird diese Form eher von Kindern oder Verliebten genutzt und bei Normalsterblichen an der Unversehrtheit des Geisteszustandes gezweifelt. Vielleicht fühle ich mich deswegen dort so wohl, weil man sich auch als Erwachsener wie ein Kind ausdrücken darf, ohne eingeliefert zu werden.

Nun ja, der Urlaub in der Schweiz war gesetzt, also musste auch ein entsprechender Wettkampf eingewoben werden. Und gleich zwei standen zur Auswahl, zum einen der Rheinfall-Lauf und zum anderen der Türlerseelauf. Und obwohl Uli Sauer vor über 10 Jahren den Rheinfall-Lauf in höchsten Tönen gelobt hatte, entschied ich mich wegen der kürzeren Streckenlänge und dem besser gelegenen Datum für die zweite Alternative. Nur wusste ich bei der Anmeldung noch nicht, was mich vor Ort erwarten würde, insbesondere, was die Temperaturen betraf.

Der Türlerseelauf gehört, wie auch der Rheinfall-Lauf zum ZüriLaufCup. Über das Jahr verteilt kann man dort an 13 Veranstaltungen teilnehmen und Punkte für die Cupwertung sammeln. Die Streckenlängen liegen in der Regel jenseits von 10 Kilometern (für die Großen ;-) und der Streckencharakter ist im allgemeinen ein Mix aus Straßen- und Geländelauf.

Als wir in Affoltern ankommend aus dem wohltemperierten Auto stiegen, schlug Michaela und mir gleich eine Bullenhitze entgegen. Kurz nach Mittag war das Quecksilber bereits auf über 30°C geklettert und sollte so schnell auch nicht fallen, da sich am Himmel kein Wölkchen zu erkennen gab. Noch dachte ich in meinem jugendlichen Leichtsinn, ein 5er Schnitt sollte doch bei den paar Höhenmetern machbar sein.

Um kurz nach 3 machte ich mich auf, um mich ein bisschen einzutraben. Dabei entdeckte ich, dass so viele Leute an dem Zieleinlauf vorbei die Straße hochrannten. Nach einem kurzen Schnack mit einem anderen Läufer erfuhr ich, dass der Start einen knappen Kilometer entfernt am Ortsrand liegt. Oh, da hätte ich mir die Infos im Internet wohl besser anschauen müssen. Schnell Michaela ins Schlepptau genommen und den anderen hinterhergeeilt.

Dort angekommen drängelten sich alle in den wenigen Schatten, den es dort gab. Michaela verabschiedete sich, um eine gute Fotoposition zu bekommen und ich sortierte mich im Starterfeld ans Ende des ersten Drittels. Sollte doch eigentlich eine gute Position sein... Pünktlich um 15:30 Uhr knallte der Schuss und die Menschenmenge setzte sich langsam in Bewegung. Aus dem Internet wusste ich, dass das Anspruchsvollste auf den ersten 4 Kilometern wartete. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass mir bereits auf dem ersten Kilometer der Anstieg so zusetzen würde, dass ich aus dem letzten Loch zu pfeifen begann.

Außerdem lief um mich rum ein Kollege, der ständig Selbstgespräche führte und ich aufgrund des Dialektes nur die Hälfte verstand. Und dann hatte er noch sein Handy mit Musik beladen, die er über den Lautsprecher abspielte. War so eine Art Klassik-Pop, die mir nicht sonderlich zusagte. Ich war jedenfalls froh, als er sich aus meiner Hörweite entfernte.

Nach dem ersten, gefühlt steilsten Kilometer ging es die nächsten zwei Kilometer weiter stetig bergan. Vermutlich fühlte sich die Steigung nur angenehmer an, weil ich nicht das Tempo laufen konnte, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Oben angekommen war ich bereits so fertig, dass ich das leichte Gefälle gar nicht so richtig genießen konnte. Kurz vor Kilometer 4 verließen wir die Straße und bogen auf auf einen Parkplatz ab. Dort begann der anspruchsvollere Teil, was den Bodenbelag anging.

Die Strecke um den See ist total toll, muss ich im Nachgang feststellen. Beim Laufen selbst war mir das weniger bewusst. Nachdem mir/uns die Steigung zu Beginn zusetzte, war es ab jetzt mehr die Temperatur. Selbst die schattigen Waldwege waren verdammt warm. Kilometer 5 passierte ich bei 28 Minuten und hatte dort bereits den Gedanken an einen 5er-Schnitt verworfen. Ich freute mich mehr auf den Getränkestand, der kurz darauf auf mich wartete.

Frisch abgekühlt ging es auf die Strecke, die ich mir schon vorher angesehen hatte. Michaela und ich hatten uns zwischen Kilometer 5 und 7 ein schattiges Plätzchen für unsere Lunchbox ausgesucht und waren dort etwas spazierengegangen. Das half mir aber zum aktuellen Zeitpunkt wenig. Ich wäre auch am liebsten spazierengegangen, zumal sich der Schatten auf dieser Seeseite ein wenig zurückhielt.

Weiter ging es um den See, unterbrochen von gelegentlich applaudierenden Badegästen. Die meisten allerdings schauten uns nur verständnislos an und lutschten weiter an ihrem Eis. Dann ging es wieder durch den leicht profilierten Wald, bis es kurz vor Kilometer 9 wieder auf die Straße ging. Die Steigung, die wir vorher heruntergelaufen waren, durften wir nun wieder hochrennen. Ich gönnte mir eine kleine Gehpause, wie etliche andere um mich herum auch.

Schon nach kurzer Zeit bog die Strecke wieder ab von der Straße auf einen Feldweg. Hier hat der Streckenvermesser vermutlich den ersten Hitzschlag erlitten. Das 10 Kilometerschild passierte ich bei 59 Minuten, mein Garmin piepste aber erst 1:19 Minute später. Bislang standen die Schilder gut, aber das hier war ein echter Faux-Pas. Und weitere sollten folgen.

Die nächste Splitzeit passte auch wieder nicht, dieses mal piepste mein Garmin 35 Sekunden früher. Ich hatte den Verdacht, dass die krumm stehenden Schilder sich letztendlich ausgleichen würden, was sie dann auch taten. Nach Kilometer 11 ging es für ein paar 100 Meter auf die Straße um danach wieder auf einen geschotterten Feldweg abzubiegen. Bei Kilometer 12 gab es nix zu meckern, der Abstand zum vorigen schien in Ordnung.

Dafür war der 13er wieder komisch. Der Garmin piepste 49 Sekunden später. Hier bot sich dann ein Bild des Elends. Hatte ich eigentlich schon erwähnt das mir immer noch ziemlich heiß war? Vor mir hatte sich wohl ein Läufer übernommen und wankte gestützt von zwei helfenden Mitläufern Richtung Ziel. Darauf hatte ich gar keine Lust und reduzierte vorsichtshalber das Tempo.

Wie schon erwartet korrigierte sich der Abstand der Kilometerschilder bis Kilometer 14 von selbst. Ich gönnte mir noch eine kurze, pulsbedingte Gehpause, genoss es, den den Start rechts (statt links) liegenlassen zu können und driftete über die Butzenstrasse Richting Zieleinlauf, wo Michaela schon mit sorgenvoller Miene auf mich wartete, da ich mein Zeitziel um satte 15 Minuten verlängert hatte.

War ich froh, endlich im Ziel zu sein. Mit wackeligen Beinen gönnte ich mir erstmal einen Drink, um mich danach schnellstmöglich wieder ins kühlende Auto zu verziehen. Die Zeit und die Platzierung am heutigen Tag waren echt sekundär. Ich bin foh, dass ich den Lauf schadlos überstanden habe. Ach ja, ein Wort noch zur Altersklasse: die Schweizer kennen wohl keine 5-Jahreseinteilung, wie bei uns üblich. Daher startete ich in der M40 bzw. der Klasse C.


Die komplette Fotogalerie gibt es hier. (Danke an Michaela für den tollen Support :-)


Streckenkarte


Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0


Höhenprofil

Wetter und Boden
[von Bernd Hegemann]
31°C, sonnig, windstill, Untergrund gemischt, trocken
Ergebnis(se) in 2015
14,1 Kilometer
227. Bernd Hegemann   CGHH   1:24:59,20 Std.   (6:02) 59.C bzw. M40   68 % /69 %  165 HM 
Ergebnisse im Internet
[von Bernd Hegemann]
Link zur Homepage
[von Bernd Hegemann]
 
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