Erlebnisbericht: Windschatten-Festival
Vorstartgetümmel
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Die letzten Skate-Meter
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Das war eine rundum gelungene Aktion
gwesen. Obwohl mir am Vortag nichts Gutes schwante, als beim Abendessen
dunkle Wolken aufzogen und es heftig zu schütten begann. Und als
dann noch im Restaurant der Strom ausfiel, dachte ich schon, dass der
Wettkampf morgen wohl ein bisschen ins Wasser fallen wird. Aber da
hatte ich mich getäuscht...
Schwimmen
Bereits um 6:15 Uhr hatte ich mich mit meinem Kumpel Andreas, der extra
aus dem Nachbarort Singen angereist war, um mich zu betreuen, vor dem
Hotel verabredet, damit wir zeitig zum Einchecken am Herzenbad von
Radolfzell sein konnten. Wir verstauten die letzten Sachen im Auto,
wuppten die Räder aufs Dach und machten uns auf den Weg.
Die Zeit ging schnell rum beim Herrichten der Klamotten in der
Wechselzone und als ich um 7:30 Uhr hörte, dass um 7:45 Uhr alle
am Start versammelt sein sollen, sputete ich mich, um mich in meinen
Neopren zu zwängen. Ein paar Meter Einschwimmen war noch drin,
bevor alle Athleten wieder den Startbereich verlassen mussten, um noch
mal artig und in Reih und Glied einzumarschieren und das erste (blaue)
Gummi-Armband entgegenzunehmen. Die verschiedenfarbigen Armbänder
sollten auf der Strecke verteilt werden, um zu erkennen, dass jeder
Athlet die volle Strecke absolviert hat.
Danach dauerte es nicht mehr lang, bis dann um 8:00 Uhr mit einem
ziemlich lauten Böllerknall das Rennen eröffnet wurde. Alles
ging recht gesittet zu und von Schlägen und Tritten verschont
machte ich mich auf, die erste etwa 1000 Meter lange Gerade in Angriff
zu nehmen. Obwohl ich in meiner Nähe einen Schwimmer hatte, der
mir abwechselnd mit Kraul- und Brustschwimmen auf den Keks ging,
klappte es ganz gut. Die Bojen waren trotz Kontaktlinsen nicht
sonderlich gut zu erkennen. Insbesondere die gelben Eckbojen konnten
schnell mit den um einen herum schwimmenden gelben Badekappen
verwechselt werden.
Nach der ersten Geraden hatte sich das Feld bereits weit
auseinandergezogen, so dass es kaum noch zu Kollisionen kam. Die zweite
Gerade sollte etwa 500 Meter lang sein und wurde ebenfalls von einer
gelben Boje markiert. Als ich die passierte, merkte ich auf einmal,
dass durch den aufkommenden Wind der Wellengang stärker wurde und
eine leichte Oberflächenströmung entstand. Die Wellen waren
so stark, dass man bei etwa jedem zweiten Armzug etwa 10 bis 15
Zentimeter angehoben wurde.
Andreas erzählte mir später, dass viele aufgrund der
Strömung einen richtig schönen langen Bogen geschwommen sind.
Ich merkte es relativ schnell, dass mich das Wasser in die falsche
Richtung drückte und korrigierte entsprechend meinen Kurs. Der
große rote Torbogen am Strand war optimal zu erkennen und eine
große Hilfe bei der Navigation. Am Ende des Schwimmens kam die
größte Herausforderung (für mich): der Ausstieg. Hier
mussten alle über den steinigen Boden des Sees staksen, was
ausgesprochen schmerzhaft war. Mit einem entsprechenden Ausstieg
wäre das zu vermeiden gewesen.
Skaten
Der anschließende Wechsel dauerte fast sieben Minuten. Bis man
erstmal die Neopren-Pelle aushat, um sich dann entsprechend mit Helm
und weiteren Protektoren für das Skaten zu präparieren,
vergeht schon so seine Zeit. Im Vorfeld hatte ich leider einen
taktischen Fehler gemacht, in dem ich mich entschieden hatte, wegen der
möglicherweise noch feuchten Strassen nicht meine Wettkampfskates
zu nehmen. Da die Strassen aber wunderbar trocken waren, habe ich hier
sicherlich 5 Minuten verschenkt, die ich mit den anderen Inlinern
schneller gewesen wäre.
Die komplette Inliner-Strecke war für uns gesperrt worden, so dass
wunderbar störungsfrei geskatet werden konnte. Aber bereits beim
Einbiegen auf die lange geradeausführende K6158 blies mir der
aufgekommene Wind recht kräftig ins Gesicht. Naja, dann hast Du
auf dem Rückweg Rückenwind, aber wie sollst Du den Hinweg
überstehen? So alleine im Wind merkte ich schnell, dass ich
kräftemässig an den Anschlag kam. So würde ich den
Wettkampf wohl nicht schaffen können.
Aber glücklicherweise hat der Veranstalter ja die Staffel-Starter
erfunden, die in holder (Un)regelmässigkeit an mir vorbeizogen.
Hier musste ich mir nur einen mit einem adäquaten Tempo
herauspicken und mich dann wunderbar kräfteschonend in dessen
Windschatten zu hängen. Den ersten Windschatten nutzte ich, um mir
mein erstes Brötchen reinzudrücken. Das Tempo war recht
niedrig, aber die Verpflegung war mir zu diesem Zeitpunkt wichtiger, da
noch gut 5 Stunden Anstrengung vor mir lagen.
Als ich die letzten Reste vertilgte und mit einem Isodrink
nachspülte, überholte mich ein Zug von drei Leuten, dem ich
mich kurzerhand anschloss, da mir mein jetziges Tempo zu langsam
erschien. Zwei der drei setzten sich etwas ab, aber ich blieb im
Windschatten eines Kollegen mit einem orangenen Fussballtrikot,
weswegen ich ihn für mich "Roy van Nistle" taufte.
Roy machte einen Superjob für mich und zog mich wunderbar
über die im Weg liegenden Hügel von Rielasingen. An der
Kontrollstelle, wo schwarze Armbänder verteilt wurden,
unterhielten wir uns kurz. Er war mit seiner Staffel extra aus Holland
angereist und eigentlich wollte er die Strecke unter einer Stunde
absolvieren. Und um dem Nachdruck zu verleihen gab er dann an der
letzten Steigung Gas und ließ mich zurück.
Ich suchte mir einen anderen Windschatten und mit entsprechendem
Rückenwind ging es dann mit einem Affenzahn zurück nach
Radolfzell. Übrigens, ich habe die Strecke im Internet mit
Google-Maps ausgemessen und danach müsste sie 25 und nicht 26
Kilometer lang sein.
Der anschließende Wechsel war das Chaos pur. Ich schätze
mal, dass ich aufgrund der in der Wechselzone "Spalier stehenden"
Staffelstarter in den falschen Kanal gerannt bin. Auf einmal konnte ich
meinen Platz nicht mehr finden. Andreas versuchte mir von außen
was zuzurufen, aber sein Dialekt verwirrte mich noch mehr. Im Endeffekt
musste ich über ein paar Absperrgitter klettern, um doch noch zu
meinem Platz zu gelangen (siehe Foto oben rechts ;-).
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6.
Disziplin:
Hindernisklettern
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Rennradeln
Nach dem Stress in der Wechselzone hatte ich den Kaffee fast schon auf. Zu allem Übel
streikte dann auch noch mein Tacho, so dass ich überhaupt keine
Einschätzung des Tempos hatte. Aber dass das bei dem blöden
Gegenwind niedrig war, das konnte ich mir schon zusammenreimen. Aber
wie bereits beim Skaten kam irgendwann ein netter Staffelteilnehmer,
bei dem ich mich in den Windschatten klemmen konnte. War für mich
ganz ungewohnt, so dicht hinter jemand herzufahren. Normalerweise
greift bei mir da immer gleich die Windschatten-Konditionierung
traditioneller Triathlonveranstaltungen, die einen auf 10 Meter Abstand
zurückfallen lässt.
Aber hier war es erlaubt und so ließ ich mich schön ziehen.
Irgendwann kurz vor Rielasingen überholte mich eine schlaksige
Radlerin mit großflächigen Tattoos auf den Oberarmen. Da
mein bisheriger Tempomacher schwächelte, schnappte ich mir die
gute Christine und ruhte mich weiterhin aus ;-) Hinter Bohlingen
dauerte es gar nicht lange, bis dann die erste große
Herausforderung auf mich/uns wartete: der Schiener Berg. Ich hatte das
Ding vorher mit dem Auto abgefahren und wusste in etwa, was auf mich
zukomen sollte. Aber dass die zu erklimmenden 270 Höhenmeter so
eine Quälerei wurden, hätte ich nicht gedacht. Ich
schätze mal, dass für die folgenden dreieinhalb Kilometer im
Schnitt 8% Steigung zu treten waren. Für einen Flachlandtiroler
wie mich ein echter Hammer. Und immer mit dem Wissen, dass das nicht
meine letzte Disziplin des Tages ist.
Gut, irgenwann hatte ich mich mit meinem Elend abgefunden, d.h. ich
hatte mich bei etwa 10 km/h und einem ruhigeren Puls eingependelt und
konnte mich ohne größere Probleme durch den Wald nach oben
schrauben. Am Parkplatz oben angekommen begrüßte uns
ein Helfer mit seinem Megaphon und den Worten "Willkommen im Luftkurort
Schiener Berg" und ein anderer verteilte rote Armbänder.
Von da ab ging es dann steil bergab. Die waldige Strecke war in den
Kurven noch ziemlich feucht, daher entschloss ich mich, einen auf
Schissbuxe zu machen und vorsichtig, aber dafür sicher die
erkämpften Höhenmeter wieder zu vernichten. Christine zog
wieder an mir vorbei und wir sausten mit 50 bis 60 Sachen Richtung
Rielasingen. Kurz vor der letzten Steigung wurde sie langsamer und ich
überholte sie und signalisierte ihr, dass sie sich in meinen
Windschatten hängen sollte. Weiss nicht, was mich da geritten
hatte. Aber ich fühlte mich gut in dem Moment.
Und als es dann wieder mit Rückenwind auf die K6158 ging, holte
ich mein zweites Brötchen raus, um ein wenig Energie nachzulegen.
Christine überholte mich wieder und rief in breitem Dialekt, dass
ich mich hinter sie klemmen sollte, damit ich in Ruh' mein Brötle
essen könne. Fand ich klasse von ihr. Das Tempo war mit 38 km/h
ganz angenehm und ich signalisierte ihr, dass sie durchaus noch
schneller fahren könne, was sie dann auch tat.
Kurz vor Radolfzell gab es eine interessante Situation. Wir fuhren mit
etwa 35 km/h, als uns von hinten die ersten Mountainbiker mit einem
Affenzahn überholten. Zum Schluss gab Christine dann noch mal Gas,
während ich mich mental bereits auf die vierte Disziplin
vorbereitete. Ich hätte Ihr gerne noch mal dankend auf die
Schulter geklopft.
Mountainbiken
Das anschließende Mountainbiken fand auf einem geliehenen Rad von
Andy's Bruder statt. In der Ausschreibung stand, dass nur 26"
Räder zugelassen seien und da ich mit einem 28" Crossbike
angereist war, hatte ich kurzerhand umdisponiert. Und das Rädchen
lief auch wunderbar. Der vorhandene Windschatten war nicht so optimal
wie in den Vordisziplinen und wurde aufgrund der Topologie doch oft
unterbrochen. Das erste Stück ging es noch flach, erst über
einen Feldweg und anschließend auf die bereits hinlänglich
bekannte K6158. Bis zum 2. Kreisverkehr ging es, wo die MTB'ler links
abbiegen mussten, um eine kleine Erhebung mit dem Namen "Hardberg" zu
bewältigen.
Das war nicht sonderlich anspruchsvoll und führte dann seitlich
wieder auf die Straße, die durch Rielasingen verlief. So hatten
wir auch auf diesem Stück den gleichen Weg wie in den zwei
Disziplinen zuvor Richtung Hittisheim. Kurz hinter Hittisheim wurden
wir dann rechts ab auf einen Feldweg nach Maria Tann geleitet. Ich bin
der Meinung, dass dieses Stück noch eine Ecke steiler war, als der
Schiener Berg. Auf jeden Fall schien diese Steigung niemals
aufzuhören. Meine Oberschenkel waren bereits taub und hatten gar
keine Lust mehr auf geregelte Arbeit. So entschied ich mich kurzerhand,
einfach mal abzusteigen und ein paar hundert Meter zu joggen.
Laufschuhe hatte ich bereits an und das Tempo war genauso langsam, wie
wenn ich geradelt wäre.
Als es etwas weniger steil wurde, stieg ich wieder auf und schloss mich
einem Kollegen aus Fulda an, der seine 107 kg den Berg hochquälte.
So gemeinsam war es doch irgendwie angenehmer. Wenn es die Luft
zuließ, quatschten wir ein bisschen und fast am höchsten
Punkt konnten wir dann auch die grünen Armbänder
entgegennehmen. Trotzdem dauerte es bestimmt noch 10 weitere Minuten,
bis es dann endlich wieder bergab ging.
Und wie es bergab ging, da möchte ich am liebsten gar nicht mehr
dran denken. Mit 50 km/h auf einem geliehenen MTB, das ist schon
grenzwertig für mich. Zum Ende der Schussfahrt ging es aus dem
Wald raus in das gleißende Sonnenlicht, als ich sah, dass der vor
mir liegende Feldweg aus tiefem weichem Schotter bestand. Ich dachte
nur, wenn Du jetzt bremst, bist Du tot... Daher schoss ich einfach mit
meiner beschleunigten trägen Masse darüber hinweg, ohne dass
was passierte.
Auf dem Rückweg hatte ich wieder einen prima Windschatten,
vielleicht etwas zu schnell für mich, aber alleine wollte ich mich
nicht quälen, also entschied ich mich, ein bisschen zu
kämpfen, um dranzubleiben. Erst als es nach Radolfzell
zurückging, ließ ich mich etwas zurückfallen, um mal
einen Blick auf die Uhr zu werfen. Ich hatte mir ausgerechnet, dass ich
unter 6 Stunden bleiben könnte, wenn ich nach 5:15 Stunden aus der
letzten Wechselzone käme. Einen geschätzen 4:30er Schnitt
beim Laufen zugrunde gelegt, hätte es klappen sollen.
Laufen
Die Kontrolle der Uhrzeit Ergab, dass es hauteng werden würde.
Daher entschied ich mich, keinen Trikotwechsel und nur das
allernotwendigste zu machen. Am Ende der Wechselzone stand 5:14:46 Std.
auf der Splitanzeige. Jetzt gehts zur Sache, dachte ich. Ich stopfte
mir meinen MP3-Player in die Ohren und begann den ersten Kilometer
hochmotiviert in 4:18 Minuten. Es ging entlang der Uferpromenade auf
die Halbinsel Mettnau, schön mit dem Bodensee auf der rechten
Seite. Kilometer zwei ging mit 4:40 Minuten durch, dabei ging es aber
eine fiese kleine Rampe hoch. Trotzdem wurde ich etwas nervös.
Kilometer drei beruhigte mich etwas, als ich die 4:20 Minuten
erblickte, aber ich merkte schon, dass ich das Tempo nicht lange halten
konnte.
Bei Kilometer vier gab es die erste Verpflegungsstelle, an der aber nur
Wasser gereicht wurde. Hier verlief die Strecke durch einen
schönen Park, der teilweise wieder am Bodensee entlangführte.
Meine Splitzeit lag bei 3:25 Minuten, was meinen Glauben in die
Richtigkeit der Kilometerangaben stark erschütterte. Mittlerweile
hatte ich ein gefühltes Tempo erreicht, dass nie im Leben den
Zwischenzeiten entsprach. Zu allem Übel gesellten sich nach dem
getrunkenen Wasser Bauchkrämpfe hinzu, so dass ich die Wahl hatte
zwischen spazierengehen ohne und langsamem Laufen mit Schmerzen. Immer
öfter entschied ich mich fürs Wandern, da ich mich jetzt
entschlossen hatte, den Wettkampf nur noch so schmerzfrei wie
möglich zu Ende zu bringen.
Und als dann am Seepavillion die Kilometermarke 10 vor mir auftauchte
und dennoch fast einen Kilometer zu laufen war, wurde mir klar, dass
ich die 6 Stunden an diesem Tag gar nicht hätte unterbieten
können, da ich immer von exakt 10 Kilometern ausgegangen war. Die
letzten ca. 800 Meter brachte ich dann noch in knapp 4 Minuten hinter
mich, so dass im Endeffekt eine Zeit von 6:13 Stunden stehen blieb.
Fazit
Die 6 Stunden sollten auf jeden Fall knackbar sein und ich bin mir
sicher, dass ich hier nicht das letzte mal am Start gestanden habe.
Weitere Bilder gibt es
übrigens hier.
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Höhenprofil:
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Streckenkarte/Streckenverlauf:
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